Sustainable logistics in automotive series production

Nachhaltige Logistik in der Automobilproduktion durch umfassende Digitalisierung

Auch im Bereich der Automobilproduktion rückt Nachhaltigkeit immer stärker in den Fokus. Denn wenn ein Autohersteller sich glaubwürdig als umweltbewusst präsentieren will, reicht es nicht, die Emissionen der Fahrzeuge im Betrieb zu betrachten. Auch die klimabewusste Fertigung ist ein zentraler Aspekt: Die CO2-Bilanz eines Produktes soll den gesamten Lebenszyklus umfassen. Dabei spielt die nachhaltige Logistik in der gesamten Lieferkette eine Schlüsselrolle. 

 

DEKARBONISIERTE FAHRZEUGPRODUKTION DURCH NACHHALTIGE LOGISTIK

Der CO2-Fußabdruck eines Produktes oder Individuums wird in unterschiedliche Phasen, auch Scopes genannt, unterteilt. In Bezug auf die Fahrzeugproduktion bezieht sich Scope 1 vereinfacht gesagt auf die direkte CO2-Emission während der Produktion des Fahrzeugs. Diese Emission entsteht durch den Energieverbrauch während des Herstellungsprozesses. Scope 2 betrifft den Bereich der Energieerzeugung. Scope 3 berücksichtigt den Energieaufwand sowohl vor als auch nach der eigentlichen Produktion des Produkts. Dies beinhaltet den Energieverbrauch bei der Beschaffung und Herstellung von Rohmaterialien und Komponenten sowie den Transport von Teilen und des Endprodukts. Darüber hinaus werden auch indirekte Aufwendungen innerhalb und außerhalb des Werkes berücksichtigt.

 

 

CO2-EMISSIONEN VERMEIDEN UND UNVERMEIDBARE EMISSIONEN REDUZIEREN

In der nachhaltigen Logistik ist der ideale Transport einer, der gar nicht stattfindet. Um die Anzahl der Transporte zu reduzieren, ist es möglich, das Transportnetzwerk zu optimieren. Eine Möglichkeit besteht darin, die Auslastung der notwendigen Transporte zu erhöhen, um ihre Anzahl zu verringern. Dies kann man durch eine Vorverlegung von Bedarfen erreichen, um eine höhere Auslastung der Transporte zu erzielen. Zusätzlich zur Optimierung der Abholfrequenzen und einer effizienten Wahl der Transportart, wie zum Beispiel der Bildung von Milkruns, können weitere Verbesserungen erzielt werden.

Hier lautet das Schlagwort: transportoptimierter Lieferabruf. Und das Potenzial, damit Transporte einzusparen, ist enorm. Der nächste Schritt ist die Umstellung der unvermeidbaren Transporte auf CO2-arme oder CO2-freie Transportmittel oder Transportarten. Der kombinierte Ladungsverkehr Straße-Schiene-Straße kann hier entscheidende Beiträge leisten.

 

UMFASSENDE OPTIMIERUNG DES MATERIALFLUSSES DURCH DAS iTMS

Um überhaupt den gesamten CO2-Wert ermitteln und bewerten zu können, benutzt man ein zertifiziertes Berechnungsmodell. Dabei verwendet Magna ein Modul des eigenen integrierten Transportmanagementsystems (iTMS). Hier sind alle relevanten Sendungsdaten und anderen Parameter vorhanden, die erforderlich sind, um den CO2-Wert des Transportes zu bewerten: Größe und Gewicht der zu transportierenden Güter, Transportarten, Entfernungen. Aus diesen Daten können die durch den Transport verursachten CO2-Emissionen errechnet und bewertet werden.

Auf Basis dieses Backbones lassen sich auch Möglichkeiten aufspüren, wo die Transportlogistik effizienter gestaltet werden kann. Denn das iTMS verwaltet den gesamten Materialfluss der Automobilproduktion – von der Materialbestellung beim Lieferanten ins Werk bis hin zur Rückführung der Mehrwegladungsträger zu den Lieferanten. 

 

 

 

NACHHALTIGE LOGISTIK FÄNGT BEI DER AUSWAHL DER LIEFERANTEN AN

In der Automobilproduktion fängt Logistikplanung bereits im Produktentstehungsprozess an. Bei jeder Sourcing-Entscheidung werden auch die erforderlichen Transporte berücksichtigt – und deren Bedeutung sowohl monetär also auch hinsichtlich der damit verbundenen CO2-Emissionen erfasst. Die Entscheidung fällt dann nach Maßgabe einer Betrachtung der Total Cost of Ownership (TCO).

Dabei kann die Betrachtung der Transporteffizienz im Simultaneous Engineering durchaus auch Einfluss auf die Gestaltung z.B. der anzuliefernden Teile nehmen: Es kann beispielsweise sinnvoll sein, sperrige Teile oder Module, die sozusagen den Transport von viel Luft bedingen, nicht vormontiert, sondern noch teilzerlegt zu befördern. Damit erhöht man die Packdichte insgesamt. Letztlich handelt es sich immer um eine Frage der Abwägung und der gesamtheitlichen Bewertung.

 

 

DER EINFLUSS VON PACK- UND VERPACKUNGSKONZEPTEN IN NACHHALTIGER LOGISTIK

Nicht in allen Fällen kann man mit diesen Maßnahmen – die natürlich immer eine enge Zusammenarbeit mit den Lieferanten erfordern – eine optimale Packdichte erreichen, um die Anzahl der Transporte zu minimieren. Oftmals lässt sich aber durch das sogenannte Nesten, also durch das ineinander positionierte Zusammenpacken mehrerer Einheiten eines sperrigen Bauteils, der Transportraum effizienter ausnutzen. Hier kommt der Entwicklung eines geeigneten Verpackungsdesigns wesentliche Bedeutung zu, um das Pack-Volumen und damit die transportbedingten CO2-Emissionen zu reduzieren.

 

 

ENGE ZUSAMMENARBEIT MIT DEN LIEFERANTEN IST UNERLÄSSLICH

Auch hier ist die enge Zusammenarbeit mit den Lieferanten bei der Planung und Durchführung der Prozesse unverzichtbar. Deren Bereitschaft ist in den allermeisten Fällen gegeben: Die Sinnhaftigkeit und die Vorteile eines integrierten Transportmanagementsystems sind relativ gut zu vermitteln.

Voraussetzung ist natürlich, dass der Fertigungsbetrieb offen mit seinen Lieferanten über diese Systeme kommuniziert. Unter den rund 1700 Abholorten, von denen etwa Magna Teile für die Serienfertigung im Werk Graz bezieht, finden sich nur ein paar Handvoll „Denier“, die (noch) nicht an die übergreifenden Systeme angebunden werden wollen. 

LADUNGSTRÄGER WIEDERVERWENDEN ODER WIEDERVERWERTEN?

Generell wird im Zuge der nachhaltigen Logistik versucht, Mehrweg-Ladungsträger zu benutzen. Und zwar möglichst Standard-Ladungsträger, die für unterschiedliche Bauteile und viele Lieferanten verwendet werden können: die KLT-Boxen des VDA, Stahl-Ladungsträger oder Kunststoff-Großbehälter – je nachdem, welche Bauteile transportiert werden sollen. Je nach Erfordernis werden auch Sonderladungsträger verwendet, die spezifisch für die Geometrie des Bauteils gestaltet sind. Das ist gängige Praxis, zumindest bei den europäischen Zulieferern der Automobilproduktion.

Bei Lieferungen aus Übersee kann es anders aussehen. Denn hier erfordert der Retourtransport von Mehrweg-Ladungsträgern hohen finanziellen und Energie-Aufwand, der das Ganze auch in ökologischer Hinsicht unrentabel machen kann. In diesen Fällen setzt man eher auf Einweg-Ladungsträger und Einweg-Verpackungen. Diese Ladungsträger und Verpackungen werden dann, was das Material angeht, möglichst homogen – oder aber zerlegbar – gestaltet, damit sie möglichst gut recycelt, also wiederverwertet werden können. 

 

 

INTERMODALE TRANSPORTE KÖNNEN HELFEN, EMISSIONEN EINZUSPAREN

Generell ist aus Nachhaltigkeitsgründen der Transport auf der Schiene dem auf der Straße vorzuziehen, weil elektrifizierte Züge lokal emissionsfrei fahren. Insofern kann der Verbund Straße-Schiene-Straße eine attraktive Lösung zur Reduzierung der Gesamtemission sein. Allerdings gilt das nur für Fälle, wo ein bestehendes Logistikprodukt genutzt werden kann: Dann sind auch die Laufzeiten oft nur unwesentlich länger als beim reinen Transport über die Straße; die Verbindung ist planbar und verlässlich.

Das ist beispielsweise der Fall bei Transporten vom Ruhrgebiet nach Graz, wo eine leistungsfähige Verbindung vom Frachtterminal bei Neuss zum Cargo-Terminal Graz zur Verfügung steht. Ähnlich sieht es bei Transporten aus England aus, wo eine leistungsfähige Verbindung ab dem Fährhafen Rotterdam existiert. 

CHANCEN UND MÖGLICHKEITEN FÜR LKW MIT ALTERNATIVEN ANTRIEBEN

Eine bestechende Möglichkeit der nachhaltigen Logistik, den CO2-Ausstoß bei LKW-Transporten zu verringern, bieten alternative Antriebe. Zumindest für relativ kurze Entfernungen bieten sich aktuell batterieelektrische Fahrzeuge als gangbarer Weg an – auch wenn sie zunächst beträchtliche Investitionen erfordern, insbesondere für die Ladeinfrastruktur, damit man den Vorgang des Ladens gleich in den Prozess einbinden kann.

Für den Bahnanschlussverkehr vom Terminal ins Werk oder für die Verknüpfung von logistischen Außenlagern mit dem Werk ist das machbar. Und auch bei der Anbindung eines externen Karosserierohbaubetriebs wird bei Magna schon seit einigen Jahren ein elektrisch betriebener LKW genutzt, dessen Antriebsbatterien während des Be- und Entladens wieder nachgeladen werden. Bei den Shuttleverkehren zu einem externen Außenlager ist dieses System ebenfalls bereits in Verwendung.

Für den Fern-LKW ist auch der Wasserstoff-Antrieb eine Möglichkeit, allerdings nicht in naher Zukunft. Die Fahrzeuge sind noch kaum verfügbar, und auch die öffentliche Tank-Infrastruktur fehlt noch – ähnlich wie auch bei der Hochleistungs-Ladeinfrastruktur für Fernverkehrs-LKW mit batterieelektrischem Antrieb.

Als Brückentechnologie auf dem Weg zum Zero-Emission-Transport in der Automobilproduktion können auch Alternativkraftstoffe attraktiv sein. Insbesondere können hydrierte Pflanzenöle (HVO) als Treibstoff für vorhandene Diesel-LKW eine sofortige CO2-Reduzierung in der Größenordnung von 80 bis 90 Prozent bringen. Zwar ist auch dies limitiert aufgrund der Verfügbarkeit des Rohmaterials, und es entsteht kein völlig CO2-freier Transport. Aber dafür ist diese Technologie mit sehr geringem Aufwand – faktisch ohne Infrastrukturaufwand – schnell umsetzbar.

Bei Bio-LNG ist der nötige Aufwand größer, weil es spezieller, LNG-tauglicher LKW bedarf oder die vorhandenen Fahrzeuge teuer umgerüstet werden müssen. Letztlich gibt es auch hier nicht eine perfekte Patentlösung, sondern es läuft eher auf eine Verbindung unterschiedlicher Ansätze hinaus.

 

HERAUSFORDERUNGEN BEI DER UMSETZUNG EINER NACHHALTIGEN LOGISTIK

Eine bedeutende Herausforderung bei den Bemühungen, die Logistik in der Automobilindustrie ökologisch nachhaltig umzubauen, ist die zunehmende Komplexität. Gerade der nötige Mix aus unterschiedlichen Konzepten für unterschiedliche Aufgaben bringt einen weiteren Anstieg der Komplexität mit sich. Und es erfordert eine Abschätzung, welche Technologien sich letztlich durchsetzen werden – was auch davon abhängig ist, welche von der Politik favorisiert werden und für welche die infrastrukturellen Voraussetzungen geschaffen oder verbessert werden.

Gelegentlich schaffen auch politische Veränderungen wie der Brexit neue Herausforderungen, die zu lösen sind. Und natürlich können all diese Bemühungen nur wirklich erfolgreich sein, wenn auch die Mitarbeitenden mitziehen. Es ist eine wichtige Aufgabe für Magna als Auftragshersteller der Automobilproduktion, insbesondere neue Mitarbeitende für diese Denkweise zu begeistern und sie mit ins Boot zu holen.

 

ZUKÜNFTIGE TRENDS IN DER LOGISTIK - UND DEREN CHANCEN FÜR MEHR NACHHALTIGKEIT

Die Digitalisierung wird sich in der nachhaltigen Logistik verstärkt fortsetzen – nicht nur, um die Herausforderungen zu bewältigen, die durch die zunehmende Komplexität entstehen. Die weitere Integration des Datenflusses, auch über Unternehmensgrenzen hinaus, wird erforderlich sein, um eine bessere Kooperation und auch größere Logistik-Sicherheit zu erreichen.

Ein Schlagwort, das gerade in der deutschen Automobilindustrie im Trend ist, lautet Catena X. Dahinter steckt eine neue IT-Technologie, mit der die einzelnen, proprietären Systeme der unterschiedlichen Unternehmen miteinander verknüpft werden können, um die Transparenz zu erhöhen. Dadurch kann man Lieferketten optimieren, Logistik effizienter planen und Transporte nach Möglichkeit ganz einsparen. Denn jeder Transport, der nicht stattfindet, reduziert den CO2-Ausstoß und ist damit ein weiterer Schritt zur nachhaltigen Automobilproduktion. 

 

 

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Head shot Alfons Dachs-Wiesinger

Alfons Dachs-Wiesinger

Alfons Dachs-Wiesinger verantwortet den Bereich Logistics Network bei Magna in Graz. Nach dem Studium Wirtschaftsingenieurwesen Maschinenbau an der TU Graz und nach mehreren Stationen in der Automobilindustrie – zunächst bei einem amerikanischen Hersteller – trat er 2002 in das Unternehmen ein. Seine jetzige Position hat er seit 2017 inne.

 

 

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